Jahrbuch 2020

KUNST UND KULTUR | 114 | Jahrbuch Ehingen 2020 Friedrich Hölderlin: Jubiläumsjahr 2020 Hölderlin. Eine Winterreise Lesung von Dr. Thomas Knubben Mit einer außergewöhnlichen Buchausstellung und einem literarischen Begleitprogramm würdigte die Stadt Ehingen einen der bedeutendsten deutschsprachigen Lyriker anlässlich seines 250. Geburtstags. Hölderlin reiste im Dezember 1801 bis Januar 1802 von Nürtingen nach Bordeaux. Diese Reise ging als seine „fatale Reise“ in die Annalen ein. Fatal, weil sie einen existenziellen Wendepunkt in Hölderlins Leben darstellt. Als Friedrich Höl- derlin im Juni 1802 nach Nürtingen zurückkehrte, war er ein Anderer. Dr. Thomas Knubben, Kulturwissenschaftler und Germanist, hatte sich 2007 mit einer Wanderung auf Hölderlins Spuren dieser Winterreise begeben. Bei einer Lesung im Rahmen des Literatursommers Baden-Württemberg 2020 stellte er am 1. Oktober das darüber entstandene Buch im Franziskanerkloster vor. Knubben vollzieht darin den historischen Verlauf der Reise Hölderlins nach, verwebt seine Erlebnisse mit den Etappen des Vorgängers und nähert sich dem exzellenten Wanderer anhand seiner Briefe aus dieser Zeit. Er zeichnet das Bild eines Menschen, der in einer kurzen Zeitspanne so existen- zielle Erfahrungen wie Fremdheit und Einsamkeit, Verlust der Heimat, der geliebten deutschen Sprache, aber auch den Verlust von Illusionen und nicht zuletzt seiner Lebensliebe, Susette Gontard, zu verkraften hatte. Theater, Konzerte, Kabarett | Kulturelle Projekte In einer beeindruckenden Ausstellung zum Hölderlin-Jubilä- umsjahr gab der literaturbegeisterte Ehinger Schauspieler und Rezitator Walter Frei Einblicke in seine private Sammlung sämtlicher Werkausgaben und Hyperion-Drucke Hölderlins. Über 200 Exponate dieser bibliophilen Sammelgebiete wur- den in der Spitalkapelle und im Museum präsentiert. Das interessierte Publikum zeigte sich von der Vielfalt der in der Spitalkapelle ausgestellten Drucke des Hyperion-Rom- ans ebenso beeindruckt wie von den im Museum präsentier- ten Werkausgaben. Als Spiegel für die intensiven Bemüh­ ungen von Philologen und Literaturwissenschaftlern um das Werk Hölderlins zeugen Letztere zugleich von der rasanten Entwicklung der Editionsmethoden im 20. Jahrhundert. In seiner Eröffnungsrede berichtete Walter Frei über seine Sammelleidenschaft sowie die Freude am Schmökern und an der Haptik der Bücher. Zum ersten Mal sehe er sie „befreit von der Enge meiner häuslichen Regalbretter“, freute sich Frei. „Ich meine zu spüren, wie sie in diesem schönen Rah- men hier förmlich aufleben.“ Der Sammler und die Ausstel- lungsbesucher schienen es ebenso zu tun. Werkausgaben und Hyperion-Drucke: Eine Buchausstellung von Walter Frei

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