Jahrbuch 2020

MUSEUM UND HISTORISCHES 120 | Jahrbuch Ehingen 2020 Denkmaltag von Dr. Ludwig Ohngemach Wegen der aktuellen Pandemie und den damit verbundenen Vorkehrungen zum Gesundheitsschutz fand der Tag des offe- nen Denkmals in diesem Jahr unter besonderen Bedingungen statt. Die nachfolgenden Ausführungen zu den erhaltenen Gebäuden des Ehinger Hl.-Geist-Spitals sowie das historische Luftbild sollten dazu anregen, sich selbst ein Bild von diesem, trotz aller Verluste, wohl größten Baudenkmal unserer Stadt zu machen. Bekanntlich soll das Ehinger Hl.-Geist-Spitals durch eine Stiftung eines Heinrich Wislederer in den Jahren 1336-40 entstanden sein. Schon in diesen Anfangsjahren wurde offenbar eine Kapelle eingerichtet. Durch weitere Güterüber­ tragungen, mit denen die Stifter ihr Seelenheil fördern wollten, gelangte es schnell zu großem Besitz, der bald auch den Neu- und Ausbau der Gebäude zuließ. Auch mussten diese immer wieder neuen Anforderungen angepasst werden. Die Platzierung des Ehinger Spitals entspricht dem Idealtypus eines mittelalterlichen Stadtspitals. Durch das benachbarte Pfistertor war das Spital für Hilfsbedürftige von außerhalb der Stadt leicht erreichbar, während durch die Schmiech die Ver- sorgung mit Wasser und die kostengünstige Entsorgung von Abfällen gesichert war. Die Errichtung des sogenannten „Neu- hauses“, das seit 1985 das Museum beherbergt, datiert ins Jahr 1532, wie entsprechende Jahreszahlen an einem Balkenständer in der Südwestecke belegen. Kleinere Räume für Pfründ- ner, vor allem Kammern und Stuben für Gesinde und Knechte sowie eine große Küche waren hier eingerichtet. Unter dem Dach fand eine dreistöckige Fruchtschütte Platz. Nachdem das Gebäude im 18. und 19. Jahrhundert zeitweise als Kaserne gedient hatte, wurde es ab 1866 als Fortbildungs-Schule verwendet. Dieser entstand bereits 1470 vor allem als Amtsgebäude für die Spitalverwaltung. Im unteren Geschoss waren Wohnstu- be und Schlafkammer der „armen Dürftigen“ also derjenigen, die „um Gotts Willen“, umsonst im Spital lebten, untergebracht. Entstehung und allgemeine Baugeschichte Zur Lage in der Stadt 1. Das „Neuhaus“ 2. Der sogenannte „Zwischenbau“ Zu den Gebäuden im Einzelnen: Ab 1470 wurden die bisherigen Spitalgebäude nach und nach durch Neubauten ersetzt. Ein Anlass war die wachsende Bedeutung des Pfründnerwesens, das statt der bisher üblichen Massenquartiere für Mittellose, die „um Gotts willen“ im Spital lebten, nun vermehrt Appartements für wohlhabendere Pfründner notwendig machten. Diese kauften sich ins Spital ein und sicherten sich so einen behaglichen Lebensabend. Grundlegende Veränderungen waren auch mit der Aufgabe der spitaleigenen Ökonomie Ende des 18. Jahrhunderts verbunden. Und nachdem die letzten Spitalbewohner 1812 ins ehemalige Benediktinerkolleg bei der Herz-Jesu-Kirche umgezogen waren, standen die Baulichkeiten zum Teil leer oder wurden unterschiedlich und wechselnd genutzt. 1 4 6 5 8 7 2 3 Untere Stadt mit den Gebäuden des ehemaligen Hl.-Geist-Spitals im Sommer 1962. 1 „Neuhaus“, 2 „Zwischenbau“, 3 Spitalkapelle, 4 Oberer Stadel, 5 „Bettelhaus“, 6 „Steinerner Stadel“, 7 Pfründnerhaus, 8 Spitalscheuer an der Kasernengasse Weiterhin werden genannt eine Wagnerwerkstätte, eine Futter- kammer und das Spitalgefängnis. Im oberen Stock befanden sich repräsentativ ausgestattete Verwaltungsräume: die Amtsstube, die in den Quellen auch unter der Bezeichnung „Spitalmeisterstüblein“ erscheint. Daran schlossen sich eine weitere Stube sowie ein großer Saal für Amtsversammlungen an. Im Dachstuhl war eine Fruchtschütte eingebaut.

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