Museum und Historisches
144 Jahrbuch Ehingen 2017
Führungsprogramm
Auch für 2017 war von Museumsgesellschaft und Stadtarchiv
ein gehaltvolles und umfangreiches Programm von Führun-
gen ausgearbeitet worden.
Im April konnte unter Leitung von Johannes Lang ein „Muse-
umsbesuch bei Hieronymus Winckelhofer und Jakob Locher“
unternommen werden, wobei die glanzvollen Jahre um 1500,
als Kaiser Maximilian mehrfach in den Mauern unserer Stadt
weilte, lebendig wurden.
Im Mai boten die Museumsgesellschaft und die Ortsgrup-
pe Ehingen des Schwäbischen Albvereins die Möglichkeit,
sich im Rahmen einer Exkursion über die Geschichte der
Zementindustrie im Schmiech- und Blautal zu informieren.
An ausgewählten Beispielen konnte der Geologe und Mine-
raloge Winfried Hanold zeigen, wie diese seit Ende des 19.
Jahrhunderts die Landschaft verändert hat. In diesen Jahren
produzierten an vielen, heute nur noch einigen wenigen Spe-
zialisten bekannten Stellen, Kleinunternehmer den neuen
Baustoff. Gelegentlich erinnern Ruinen wie auf dem Heilen-
berg bei Altheim an diese Anfänge. Später entstanden große
Werke, wobei auch das Wirken des Bauführers und späteren
Direktors der Zementfabriken in Allmendingen und Ehingen,
Anton Hoch (1842-1919), in den Blick kam.
Im Juni trafen sich historisch Interessierte an der Kapelle in
Dintenhofen. An zentraler Stelle, bei der Kapelle, gab Stadt-
archivar Dr. Ludwig Ohngemach einen Überblick über die
Geschichte der beiden Ortsteile Herbertshofen und Dinten-
hofen. Erstmals 1088 und 1220 urkundlich erwähnt, lenkte
zunächst ein hierher lokalisiertes Adelsgeschlecht die Ge-
schicke der Siedlungen, bevor bis zur Säkularisation das Be-
nediktinerkloster St. Georgen im Schwarzwald die Ortsherr-
schaft ausübte. In der Reformationszeit war dann die Nähe
zum habsburgischen Ehingen entscheidend, dass die Ein-
wohner katholisch und bei der Pfarrei St. Blasius in Ehingen
blieben und württembergische Bemühungen, sich aus dem
Besitz der Abtei, deren Mitglieder nach Villingen geflohen
waren zu bedienen, nicht zum Erfolg führten. An die Kloster-
zeit erinnert nach dem Abbruch des Vogts- oder Amtshauses
im 19. Jahrhundert heute vor allem noch die dem hl. Benedikt
geweihte Kapelle auf dem Abhang über der Donau, deren
Westerweiterung 1936 Bischof Sproll weihte.
Gleichfalls im Juni erläuterte der Naturschutzbeauftragte Jo-
sef Stauber im Rahmen einer botanischen Führung die Flora
des Naturschutzgebietes um den „Blauen Steinbruch“. Ur-
sprünglich zur Rohstoffgewinnung für das Ehinger Zement-
werk angelegt, haben sich hier inzwischen zahlreiche, auch
durchaus seltene Pflanzen angesiedelt und machen ihn zu
einem beliebten Naherholungsgebiet, das Schutz verdient.
Im Juli stellte Johannes Lang im Rahmen einer Sonntags-
führung die Gebäude entlang der Müllerstraße vor. Der Stra-
ßenname erinnert bekanntlich an den Stadtschultheißen
Franz Josef Müller, der in den Jahren 1863 bis 1905 die Ent-
wicklung unserer Stadt ganz wesentlich prägte. Startpunkt
war bei der Lindenhalle, die heute an der Stelle der früheren
und recht bedeutenden Linden-Brauerei steht. Nachdem
diese den Betrieb eingestellt hatte gingen die Gebäude 1923
in den Besitz einer jüdischen Aktiengesellschaft über, die sie
für ein Textilunternehmen nutzten. Später von den National-
sozialisten arisiert, ging die Firma nach dem Krieg wieder an
die rechtmäßigen Besitzer zurück, die hier bis 1970 die so-
genannte Reisserei betrieben. 1982 trat die heutige Linden-
halle, ein Werk des aus Indonesien stammenden Architekten
Jan Ben Oei, an ihre Stelle.
Anschließend stand das benachbarte Kolleg St. Joseph, auch
Josephinum oder „Kasten“ genannt, im Blickpunkt des Inter-
esses. Dabei führte Johannes Lang auch in die Hauskapelle,
an deren Ausstattung der Maler Albert Burkart (1898-1982)
mit Bildern und Altar sowie Wilhelm Geyer (1900-1968) mit
Glasfenstern beteiligt waren. An der Wolfertanlage endete
der lehrreiche sonntägliche Spaziergang.