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Museumsnacht

Etwa 100 Besucher haben die einmalige Gelegenheit genutzt,

um die Schätze im Magazin des Ehinger Museums zu

betrachten. Einige von ihnen wagten sich sogar über die enge

Holztreppe in das neu eingerichtete Bildermagazin auf dem

sogenannten Mittelbau hinauf. Hier waren alte Großfotos und

viele bisher noch nicht gezeigte Bilder zu sehen, zu denen

Dr. Ludwig Ohngemach und Johannes Lang sachkundige

Erläuterungen gaben. Anlässlich der Museumsnacht hatte

auch die Städtische Galerie zu ungewohnter Zeit geöffnet.

Rund 50 Besucher interessierten sich für die Bilder von

Andreas Grunert.

Kriegsende 1945

2015 jährt sich das Ende des Zweiten Weltkrieges zum 75ten

Mal.

Über den Verlauf dieses auch für uns heute noch epochalen

Ereignisses in Ehingen sind wir durch verschiedene Augen-

zeugenberichte insgesamt recht gut informiert.

Spätestens seit dem Frühjahr 1945 dürfte für jeden, der es

sehen wollte, das Ende des Krieges erkennbar gewesen

sein. Die Versorgungslage der Zivilbevölkerung wurde immer

schwieriger. Zudempassierten abgekämpfte und in Auflösung

begriffene Wehrmachtseinheiten in immer größerer Zahl die

Stadt.

Über die Folgen der Luftangriffe auf die großen Städte

war man durch Lazarettzüge etwa aus Dresden informiert.

Tieffliegerangriffe z. B. bei Frankenhofen, Granheim oder

Dächingen zeigten, dass nun auch die Landbevölkerung bei

der Feldarbeit vor Angriffen nicht mehr sicher war.

Angesichts der näher rückenden Front wurden schließlich

auch in Ehingen Maßnahmen zum Widerstand getroffen. Zu

den üblichen Luftschutzvorkehrungen kamen nun mindestens

sechs Panzersperren u. a. in der oberen Hauptstraße vor

dem Eisenwarengeschäft Romer, in der Bahnhofstraße vor

dem Gasthaus „Krone“ (heute Raiba) oder in der Münsinger

Straße. Sie sollten das Eindringen der feindlichen Truppen in

die Stadt verhindern oder zumindest erschweren.

Die Mitglieder des Volkssturms, deren Wachlokal in der

Stadthalle eingerichtet war, erhielten ihren Stellungsbefehl

und mussten regelmäßig für militärische Übungen ausrücken.

Am

Samstag, den 21. April

, war in Ehingen offenbar

erstmals Geschützdonner aus der Gegend um Urach zu

hören. Abends um 19.30 Uhr wurden bereits amerikanische

Panzer in Justingen gemeldet, während immer wieder

deutsche Soldaten in weitgehend aufgelösten Formationen

die Stadt passierten.

Der

Sonntag, 22. April

1945, begann vergleichsweise

ruhig. Mehrfach belegt ist, dass der aus Rottenacker

gebürtige SS-General Christoph Diehm (1892-1967) an

der Lindenstraße durchziehende Soldaten zur Verteidigung

der Stadt veranlassen wollte. Fluchend soll er flüchtenden

Offizieren ihre Schulterklappen von der Uniform gerissen

haben. Andererseits war man bei der Kreisleitung in der

Oberschaffnei mit der Vorbereitung des Fluchtgepäcks und

dem Verbrennen von Unterlagen beschäftigt und setzte sich

wenig später Richtung Biberach ab.

Währenddessen kam das Kampfgeschehen immer

näher an die Stadt heran, so explodierten nach einem

Fliegerangriff bei Deppenhausen Munitions-LKWs. Auf

der Straße nach Allmendingen wurde in der Nähe des

Bahnübergangs bei Berkach eine deutsche Fahrzeugkolonne

Museum und Historisches

zusammengeschossen. Gegen 15.00 Uhr erschienen US-

Panzer auf dem sogenannten „Hundsfeld“ im Südwesten der

Stadt sowie im Norden von der Alb her. Schon um ca. 14.30

Uhr waren die Panzersperren geschlossen worden.

Zwischen 16.00 und 16.30 Uhr wurde der Straßendurchlass

der heutigen B 465 beim damaligen Gasthaus „Neuhaus“

mit Hilfe von 250 kg Fliegerbomben gesprengt, wobei die

Häuser in der Umgebung starke Schäden erlitten. Etwa um

die gleiche Zeit geriet die große Scheuer des Marienhofs

sowie eine Scheuer der Heckenmühle an der Riedlinger

Straße in Brand, ob als Folge der Brückensprengung oder

durch Brandgeschosse ist nicht ganz klar.

Vermutlich wenig später brannte an der Einmündung

der Münsinger Straße in die Pfisterstraße das Anwesen

des Bauern Lock. Nachdem angeblich Schüsse aus dem

Gebäude gefallen waren, schossen die Amerikaner den

Erker weg. In der Folgezeit versuchte die Feuerwehr den

Brand zu löschen. Daneben erlitten noch weitere Gebäude in

der Pfisterstraße Schäden, z. B. das Haus Nr. 62, dem Kamin

und Dachstuhl heruntergeschossen wurden.

Gegen 17 Uhr sprengten deutsche Pioniere die Donau-

brücken bei Dettingen, Berg und Nasgenstadt. Auch die

Straßenbrücke über die Eisenbahn in der Münsinger Straße

sollte angeblich gesprengt werden, blieb aber letztlich

unversehrt.

Die Wirkung des Volkssturms blieb glücklicherweise

bescheiden, da er sich frühzeitig selbst auflöste. Aktiv wurden

lediglich einige offenbar fanatisierte Einzelpersonen. So kam

es zu einer Schießerei bei der damaligen Landwirtschaftlichen

Absatzgenossenschaft und beim Gasthaus „Bären“ an der

Pfisterstraße. In diesem Bereich fielen nach Ausweis des

städtischen Sterberegisters mindestens fünf Personen.

Die Panzersperre an der Münsinger Straße soll zunächst

geschlossen gewesen sein, sei aber – so berichtenZeitzeugen

- später geöffnet worden. So konnten die amerikanischen

Panzer gegen Abend langsam Richtung Marktplatz

vorrücken. Zunächst passierten sie die Eisenbahnbrücke und

fuhren auf die Kreuzung Münsinger Straße – Pfisterstraße

vor. Da die Bahnhofstraße durch eine Panzersperre vor

der „Krone“ blockiert war, erfolgte die Weiterfahrt über den

Steinlesberg, durch die Tuchergasse Richtung Gasthaus

„Schwert“. Dort gerieten die Fahrzeuge unter Gewehrfeuer

von der Umfassungsmauer beim früheren Vermessungsamt

auf dem Gänsberg her. Beidseitig begleitet von Infanteristen

stießen sie dann weiter über die Schmiechbrücke, vorbei

am „Deutschen Kaiser“ durch die Kasernengasse bis zum

Haus Hauptstr. 46 vor. Dort wurde ein Panzer vom Geschoss

einer Panzerfaust getroffen, das aber abgelenkt und in

der Dachrinne des Hauses Hauptstr. 104, auf der anderen

Straßenseite landete. Die Panzer fuhren dann weiter bis zum

Michaelsbrunnen, wo sie von der Umfassungsmauer des

Kirchhofs her beschossen wurden. Dabei richtete ein weiteres

Panzerfaustgeschoss an den umliegenden Gebäuden u. a.

am Gasthaus „Hirsch“ Schäden an. Außerdem wurde hier

einer der begleitenden kanadische Infanteristen getötet,

der zwischen Haus- und Geschäftseingang des Hauses

Hauptstr. 95, seiner Zeit Betten-Krieger, fiel. Mit Einbruch der

Dunkelheit zogen sich die Amerikaner dann wieder bis zur

Münsinger Straße zurück.

Auf deutscher Seite sollen bei diesen Kämpfen mindestens

zwei Männer gefallen sein, außerdem verlor ein weiterer

Volkssturmmann, der an diesem Sonntag als Melder mit dem

Motorrad auf der Straße zwischen Ehingen und Dettingen

unterwegs war, sein Leben.

Tag des offenen

Denkmals

Am „Tag des offenen Denkmals“, der in

diesem Jahr am 13. September stattfand

und unter dem Thema „Handwerk, Technik,

Industrie“ stand, machten sich einige

historisch Interessierte mit Stadtarchivar

Dr. Ludwig Ohngemach auf die Suche nach

den Spuren des Ehinger Zementwerks. Ab

1889 errichtet, wurde es, da nicht rechtzeitig

modernisiert, bereits 1925 wieder still gelegt.

Innerhalb weniger Jahre verschwanden

die umfangreichen Werksanlagen mit den

charakteristischen Kaminen, die von Norden

her die Stadtansicht dominiert hatten, fast

völlig. Heute sind von diesem einstmals

bedeutendsten Industriebetrieb der Stadt,

der zuletzt etwa 150 Ehinger Familien ein

gutes Einkommen gesichert hat, lediglich

noch drei Gebäude erhalten.

106 Jahrbuch Ehingen 2015

Jahrbuch Ehingen 2015 107