Jahrbuch Ehingen 2011 53
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historisches
St. Wolfgang
Von der Eremitenklause zur Gastwirtschaft
von Ludwig Ohngemach
D
ie Einsiedelei St. Wolfgang mit zugehöriger Kapelle ist
heute nahezu vergessen. Beide befanden sich unweit
der Schmiech, ungefähr an der Stelle der heutigen Gaststätte
„Zum Lamm“ am Kussenberg und in der Nähe der früheren
städtischen Säg- und Walkmühle.
Die St. Wolfgangskapelle scheint durchaus ein beachtliches
Alter erreicht zu haben, soll sie doch bereits 1499 durch den
Weihbischof Daniel von Konstanz geweiht worden sein. 1566
wird ein Müller bei St. Wolfgang erwähnt. 1661 verkauften
Bürgermeister und Rat der Stadt ihrem Bürgermeister David
Blaw ( † 1677) eine Wiese bei St. Wolfgang und 1682 wird
die Kapelle erneut anlässlich eines Grundstückstausches er-
wähnt. Auch später erscheint sie immer wieder im Zusam-
menhang mit der Lokalisierung von Grundstücken.
Die Baulast war offenbar aus dem Kirchenstiftungsvermögen
von St. Blasius zu bestreiten, wie anlässlich des Einbaues
eines neuen Ofens 1711 deutlich wird. Auch die anfallenden
Kosten für die Gottesdienste wurden von dort beglichen. Am
Wolfgangstag (31. Oktober) sowie am Kirchweihtag der Ka-
pelle fanden dort feierliche Festgottesdienste statt, an denen
der Schulmeister mit den Kindern sowie Mesner, Ministran-
ten und die Pfleger von St. Blasius teilnahmen. Regelmäßig
erhielten sie hierfür ein kleines Geschenk, wie die Bewohner
der zugehörigen Klause. Allerdings sind von diesen nur weni-
ge namentlich bekannt. Auch entzieht sich unserer Kenntnis,
ab wann hier eine Einsiedelei bestand.
Der Einsiedler Johann Georg Braisch
E
twas näher Bescheid wissen wir über Johann Georg
Braisch. Dieser wandte sich im November 1740 an den
Ehinger Rat. Anlass war ein Streit mit dem Pilger Johann
Georg Wendel. Dieser hatte behauptet, dass Braisch den
Eremitenhabit abgelegt und sich in Rom verheiratet habe.
Erst nach der Gegenüberstellung der beiden Kontrahenten
vor dem Rat gestand Wendel, Braisch noch niemals zuvor
gesehen zu haben. Schließlich leistete er Abbitte für seine
üblen Nachreden. Wenig später, im Januar 1741, bat der Ne-
resheimer Abt Aurelius Braisch (1694-1757) seinem Bruder
Johannes, der damals noch Eremit zu St. Procop, wohl in
Böhmen (Böheim), war, die Eremitage bei St. Wolfgang in
Ehingen zu übertragen. Dieser Bitte, die Johannes offenbar
schon früher geäußert hatte, wurde nun - zunächst befristet
- entsprochen. Im Mai 1741 sprach der Rat Braisch endgültig
„dz Häusle bey St. Wolfgang“ nochmals ausdrücklich zu, stell-
te allerdings die Bedingung, dass er durch Terminieren, also
durch Almosensammeln, den Franziskanern nicht schaden
dürfe. Zudem wurden die Pfleger der Blasiuspflege angewie-
sen, die bisherigen Bewohner, die zuvor Bäume abgeholzt
und den Backofen abgebrochen hatten, aus der Klause zu
schaffen. Für den neu aufzubauenden Ofen erhielt Braisch
im Herbst eine finanzielle Beihilfe aus der Blasiuspflege.
Im Herbst des folgenden Jahres verstarb der frühere Einsied-
ler, dessen Name aber scheinbar nicht überliefert ist. Die ver-
schiedenen Pflegschaften sowie die Stadt hatten drei Gulden
zu seinen Begräbniskosten beizutragen.
Johannes Georg Braisch lebte offenbar materiell nicht in üppi-
gen Umständen. So erbat er 1744 für sich wöchentlich einen
Laib Brot sowie vierteljährlich zwei Gulden in bar und verwies
in diesem Zusammenhang auf sein Alter sowie eventuelle
Zufälle, die weitere Kosten verursachen könnten. Während
ihm der Rat die Brotlieferung sofort zusagte, sollte er sich
hinsichtlich einer möglichen Geldzahlung noch gedulden.
Vier Jahre später, im Frühjahr 1748, beschwerten sich die
Franziskaner über die Absicht von Braisch, seine Einsiede-
lei neu aufzubauen und einen zweiten Eremiten zu sich zu
nehmen. Dabei verwiesen sie auf eine schon früher getrof-
fene Übereinkunft, derzufolge nach dem Tod des jetzigen
Eremiten kein „Waldbruder“ mehr in St. Wolfgang einziehen
solle. In einem Gespräch zwischen Magistrat und dem Ehin-
ger Franziskanerguardian konnte schließlich eine Einigung
erreicht werden, denn Braisch erhielt wenig später die Er-
laubnis, seine Einsiedelei auszubauen. Weiterhin durfte er
Hans Jörg Rembo(l)dt bei sich aufnehmen. Dieser stammte
wie Braisch aus einer Ehinger Familie und sollte nach dem
Tode von Braisch in St. Wolfgang dessen Stelle einnehmen.
Ob dies tatsächlich nach dem Ableben von Johannes Braisch
am 17. Oktober 1758 geschah, ist nicht überliefert.
Die St. Wolfgangskapelle
Ü
ber die Kapelle der Klause ist außer dem Patrozinium
vergleichsweise wenig bekannt. 1742 ließ die Kirchen-
pflege St. Blasius einen Kelch für St. Wolfgang vergolden.
1763 befand sich hier lediglich ein Tragaltar („altare porta-
tive“). Da sich damals der Weihbischof in der Nähe aufhielt,
wandte sich Stadtpfarrer Dr. Wolff (1751-1774) an den Rat,
ob bei dieser Gelegenheit der Altar zu St. Wolfgang mit ge-
weiht werden solle. Dies geschah dann auch.
1771 war das wohl mit Mönch und Nonne gedeckte Ziegel-
dach der Kapelle so schlecht, dass beim geringsten Regen
Wasser ins Innere gelangte. Es wurde daher entschieden,
das alte Dach nicht zu reparieren, sondern durch neue Dach-
platten zu ersetzen.
Das Ende der Klause
I
m Zuge der Reformen unter Kaiser Joseph II. wurde in
Ehingen neben dem Franziskanerinnenkloster St. Elisa-
beth im Krockental auch die St. Wolfgangsklause offiziell auf-
gehoben. 1785 erhielt der damalige Stadtpfarrer Franz Josef
Lotter (1773-1813) vom bischöflichen Ordinariat in Konstanz
die Erlaubnis, die St. Wolfgangskapelle zu säkularisieren.
Noch 1789 forderte das königliche und kaiserliche Oberamt
in Günzburg den Magistrat auf zu berichten, ob bei der vor ei-
nigen Jahren erfolgten Aufhebung der Niederlassungen von
Eremiten zugehörige Vermögenswerte vorhanden waren, die
für den Religionsfond einzuziehen gewesen wären.
Ob in der Klause zuletzt noch ein Eremit gewohnt hatte, ist
nicht bekannt. Als Bewohner ist jedoch der ledige Ehinger
Bürger Dominikus Hämmerle belegt. Dieser war offenbar
krank und durfte das Anwesen bis zum seinem Tod im Mai
1785 unentgeltlich bewohnen. Nun, nach seinem Ableben,
wurden die Gebäude, ein Wohnhaus, die bereits entweihte
Kirche sowie Garten und Brunnen, zum Bestand verpachtet.
Neujahrskonzert
Die Ehinger Lindenhalle wurde ihrem
Ruf als Kulturzentrum im Jahr 2011
abermals mehr als gerecht. Vielfältige
Veranstaltungen auf höchstem Niveau
sprachen ein breites Publikum an.
Neujahrskonzert
mit der Württembergischen Philharmonie Reutlingen und der
Sängerin Carry Sass
Festival der Kulturen
Tänze und Sprachen der Welt – gelebte Integration
in Ehingen
Kulturelle Vielfalt in Ehingen – ein VHS-Fest vereinigt sie
alle und zeigt den Reichtum der Kulturen, der in Ehingen
herrscht.
Vier Vergnügen mit den Besten!
SWR4 Tournee zum Kleinkunstpreis mit Stefan Waghubinger,
Michael Krebs, Gogol & Mäx, Christian Habekost.
Die Kleinkunst-Preisträger von Baden-Württemberg geben
sich in der Lindenhalle ein Stelldichein. Ob schwäbisch,
schwarz oder bitterbös - Humor macht das Leben einfach
schöner. Und die Musikakrobaten Gogol & Max sowieso.
Festival der Kulturen
Vier Vergnügen mit den Besten!
52 Jahrbuch Ehingen 2011
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kultur
An dieser Stelle sollen nur einige
wenige kulturelle Höhepunkte stell-
vertretend für das gesamte Ehinger
Kulturleben dargestellt werden.