54 Jahrbuch Ehingen 2011
Pachtgut mit Schankerlaubnis
D
a die zugehörige Nutzfläche für den Lebensunterhalt
nicht ausreichte, wurde den zukünftigen Pächtern aus-
drücklich das Ausschenken von Wein, Bier und Branntwein
erlaubt. Die Getränke mussten allerdings von Ehinger Wirten
bezogen werden. Den Zuschlag erhielt schließlich Johann
Braig von Öpfingen auf neun Jahre für eine jährliche Pacht
von 27 Gulden.
Wenig später wollte Sebastian Manz das Anwesen bei St.
Wolfgang kaufen, es blieb aber bei der Verpachtung an
Braig. Nach Ablauf seiner Pachtzeit musste Braig abziehen
und im Februar 1795 trat für die kommenden 12 Jahre Xaver
Wille oder Willi seine Nachfolge an. In dieser Zeit stellte das
städtische Bauamt fest, dass Reparaturarbeiten am Dach
notwendig seien. Den Bestimmungen des Pachtvertrages
entsprechend, mussten diese teilweise vom Vorpächter Braig
bezahlt werden.
Wille hatte 1795 mit jährlich 72 Gulden Pacht das weitaus
höchste Gebot abgegeben, das, wie sich bald herausstellte,
weit überzogen und für ihn wirtschaftlich nicht tragbar war.
Er bat daher mehrfach um Ermäßigung, was ihm aber ver-
weigert wurde. Nach zwei Jahren stellte er seine Zahlungen
ganz ein. Im November 1797 wies der Magistrat schließlich
die St. Blasiuspflege an, Xaver Wille die Hälfte der für zwei
Jahre ausstehenden 144 Gulden Bestandszins zu erlas-
sen, auch sollten ihm Baureparaturkosten in Höhe von
rund 29 Gulden erstattet werden.
Wohl auch diese Anstände veranlassten die Stiftungsverwal-
tung im Frühjahr 1797 dem Oberamt vorzuschlagen, das An-
wesen zu verkaufen. Beim Magistrat fand dieses Ansinnen
aber keinen Anklang. Hier war man der Ansicht, die öffentli-
che Sicherheit sei bei einer Verpachtung dieses vor der Stadt
liegenden Anwesens besser gewährleistet. Für Stiftungspfle-
ger Hohenadel war die Aussicht entscheidend, dass für die
Stiftung bei einem Verkauf die Ausgaben für den Bauunter-
halt entfallen würden.
Am 30. Oktober
1797
erging schließlich von der Hohen Lan-
destelle der Befehl, die Realitäten bei St. Wolfgang an den
Meistbietenden zu veräußern. Umgesetzt wurde diese An-
ordnung aber zunächst nicht. Vielmehr hatte man bereits im
Februar 1797 Leonhard Kölle als neuen Pächter bestimmt.
Seine Pachtzahlung sollte jährlich 36 Gulden betragen. Da-
mals umfasste das Anwesen „ein exsecriertes kleines Kirchel,
Wohngebäude mit 2 Zimmern, 1 Kammer, Kuchel und kleinen
Keller samt einem Wurzgarten von ungefehr ¼ tl Jcht groß“.
1801 bemühte sich auch Kölle bei der Stiftungsverwaltung
um eine Herabsetzung der Pachthöhe, da er durch die da-
maligen Kriegsereignisse großen Schaden erlitten habe.
Stiftungspfleger Hohenadel legte dem Magistrat nahe, dies
abzulehnen, da kaiserliche wie französische Truppen die Ge-
gend bereits verlassen hätten, Kölle also keine besonderen
Belastungen geltend machen könne. Dagegen schloss sich
die vorderösterreichische Regierung im Juni 1802 der Ansicht
Kölles an und wies den Magistrat an, diesem die halbe Pacht
zu erlassen. Damals hatte Kölle, dessen Pachtzeit im Febru-
ar 1802 geendet hatte, das Gut bereits geräumt, worauf die
Stiftung im Namen der St. Blasiuspflege den Magistrat auffor-
derte, die noch schuldigen 81 Gulden einzutreiben sowie sich
bei den vorgesetzten Stellen nochmals um die Erlaubnis zum
Verkauf von St. Wolfgang zu bemühen.
Gasthaus mit wechselnden Namen
1
802 verkaufte der Rat schließlich das Anwesen an den
Meistbietenden, der allerdings österreichischer Untertan
sein sollte. Der Inhaber sollte weiterhin ein Schankrecht für
Bier, Wein und Branntwein haben, wobei er diese wie bisher
aus der Stadt beziehen musste.
Den Zuschlag für sein Gebot in Höhe von 1119 Gulden er-
hielt schließlich Johann Georg Baur. Wenige Wochen später
trat dieser allerdings von seinem Kauf wieder zurück, worauf
Wunibald Oswald für 560 Gulden das Anwesen erhielt. Doch
auch Oswald behielt seinen Kauf nur wenige Tage und gab
ihn dann an Joseph Linse für 685 Gulden weiter.
In der Folgezeit sorgten die österreichischen Behörden für
weitere Verwicklungen. Schließlich erhielt dann doch Joseph
Linse St. Wolfgang, d. h. Haus, Kirchlein und Garten, am
21. März 1804 für 601 Gulden als Eigengut. Am 27. Juli 1804
erfolgte die Genehmigung des Verkaufes durch das Oberamt
Günzburg.
Später hat der Sohn, der Hafner Franz Linse, das Anwe-
sen bewirtschaftet und er war es, der im Februar 1821 die
„zweistökige Behausung samt einer Kapelle St. Wolfgang
genannt“ sowie zwei Viertel Morgen und 12 Ruten Baum
und Wurzgarten an und bei dem Haus an den Ehinger Uh-
renmacher Josef Maier für 900 Gulden zuzüglich 11 Gulden
Trinkgeld veräußerte. Noch im selben Jahr ließ Maier, der bei
dieser Gelegenheit auch als „Kaffetie“ bezeichnet wird, durch
den Ehinger Werkmeister Johann Michael Zimmer ein neues
Haus errichten. Der Altbau war vermutlich abgerissen wor-
den. Die Baukosten in Höhe von 1010 Gulden konnte Maier
nur über Kredite finanzieren und geriet prompt 1824 in die
Gant. Über den Ehinger Werkmeister Johann Michael Zim-
mer und Gustav Adolph Werkmann gelangte das Haus 1837
für 3300 Gulden in den Besitz von Carl Stiehle von Unter-
marchtal. Dieser führte hier nun das Wirtshaus „Zum Schiff“,
von dem die Straße „Am Schiffberg“ ihren Namen erhielt.
Über die weitere Geschichte dieses Gasthauses, das Ende
des 20. Jahrhunderts seinen Namen in „Zur Pfeffermühle“
änderte und neuerdings „Zum Lamm“ heißt, wird eine Un-
tersuchung zu den Ehinger Brauereien und Gastwirtschaften
Auskunft geben, die Dr. Johann Peter Franzreb vorbereitet.
Jahrbuch Ehingen 2011 55
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statistisches
Bevölkerungsentwicklung in Ehingen
In der Großen Kreisstadt Ehingen (Donau) lebten am 31. Okto-
ber 2011 25.146 Bürger, aufgeteilt in 12.460 männliche und
12.686 weibliche Personen.
Aufgeteilt in Kernstadt und Teilorte leben 15.654 Menschen
in der Kernstadt und 9.492 in den Teilorten.
Der Ausländeranteil beträgt 3.704 Personen, dies entspricht
einem Anteil von 14,7 % der Wohnbevölkerung.
Die Bevölkerungszahl ist im Lauf des Jahres 2011 leicht
gestiegen. Zum Vergleich: Am 31. Dezember 2010 lebten
25.079 Menschen in Ehingen, davon 12.389 männliche und
12.690 weibliche Personen. Auch der Anteil der Bürger mit
ausländischer Staatsangehörigkeit hat leicht zugenommen,
es waren zum Ende des Vorjahres 3.640 Personen, dies ent-
spricht 14,51%.
Arbeitslosigkeit sinkt auf Rekordtief
Auch im Jahr 2011 hielt auf dem regionalen Arbeitsmarkt ein
sehr positiver Trend an. Die Arbeitslosigkeit in Ehingen ist im
Jahresverlauf kontinuierlich gesunken und betrug im Oktober
2,9 %. Bei einer Arbeitslosenquote unter der Drei-Prozent-
Marke sprechen Arbeitsmarktforscher schon von Vollbe-
schäftigung. Einen noch niedrigeren Arbeitslosenstand hatte
es zuletzt im Sommer 1992 gegeben. Während im Oktober
2011 in Ehingen 924 Personen auf der Suche nach Arbeit
waren, mussten sich im Oktober 2010 noch 193 Personen
mehr arbeitslos melden. Sehr positiv entwickelt sich auch
das Angebot an freien Stellen. Im Jahresvergleich ist der
Stellenbestand um 22,8 Prozent gestiegen.
Übernachtungszahlen steigen kontinuierlich
Wie in den Vorjahren, entwickelten sich die Übernachtungs-
zahlen in der Großen Kreisstadt Ehingen bislang sehr er-
freulich. Für das erste Halbjahr 2011 konnte ein erneuter Zu-
wachs von 1,5 % verzeichnet werden. Nicht mit eingerechnet
sind dabei die 15 Ferienwohnungen, die aufgrund ihrer zu
geringen Bettenzahl nicht vom Statistischen Landesamt er-
fasst werden sowie der hoch frequentierte Wohnmobilstell-
platz am Ehinger Stadion. Alles in allem kann für Ehingen mit
über 70.000 Übernachtungen in 2011 gerechnet werden.
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personalia
Ehingen verabschiedet Johann Krieger
Am Dienstag, 21. Dezember 2010 war, nach 24 Jahren an
der Spitze der Großen Kreisstadt, der letzte Arbeitstag von
Oberbürgermeister Johann Krieger. Zahlreiche Bürgerin-
nen und Bürger feierten wenige Tage vorher zusammen mit
ihm seine offizielle Verabschiedung im Franziskanerkloster.
Johann Krieger dankte seinem Stellvertreter während der
vergangenen 16 Jahre, Alexander Baumann, für die gute
Wegbegleitung und allen, die ihn in den vergangenen 24 Jah-
ren unterstützt haben. Seinen Dank richtete er auch an die
Bürgerinnen und Bürger, dass sie ihn drei Mal gewählt ha-
ben. Regierungspräsident Hermann Strampfer ging in seiner
Laudatio auf die Schwerpunkte der Arbeit des scheidenden
Oberbürgermeisters ein.
Mit einer Serenade zum Abschluss der Feierlichkeiten hat
die Ehinger Bürgerwache unter der Leitung von Harald Neu
Oberbürgermeister Krieger in den Ruhestand verabschiedet.
„Sag beim Abschied leise Servus“ spielte die Stadtkapelle
Ehingen zum Abschluss. Mit denselben Worten hatte Johann
Krieger sich auch in seinem letzten Heimatbrief 2010 von den
ehemaligen Ehingerinnen und Ehingern verabschiedet.
Sebastian Wolf ist neuer Bürgermeister der
Stadt Ehingen (Donau)
Sebastian Wolf wurde am 31. März vom Ehinger Gemein-
derat mit 22 Stimmen zum Bürgermeister der Stadt Ehingen
(Donau) gewählt. Der Diplom- Verwaltungswirt war zuvor als
Hauptamtsleiter in Leutenbach bei Winnenden tätig. Er wur-
de zuletzt unter zwei Bewerbern ausgewählt. 16 Personen
hatten sich um das Amt beworben. Seit 1. Juni ist der neue
Bürgermeister im Amt. Er ist Leiter des Dezernats II in der
Stadtverwaltung und für den Bereich Jugend, Bildung und
Soziales verantwortlich, welcher die Tätigkeitsfelder Schule,
Kindertagesstätten, Jugendhaus, Sportvereine, Heimatpfle-
ge, Integration, Senioren, bürgerschaftliches Engagement,
die Geschäftsstelle der Lokalen Agenda, Rentenangelegen-
heiten und Wohngeld umfasst.
Der neue Bürgermeister Sebastian Wolf mit Oberbürgermeister
Alexander Baumann.