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156 Jahrbuch Ehingen 2018

Museum und Historisches

Führungsprogramm

Am Beginn des diesjährigen Führungsprogrammes stand

die gemeinsam von NABU und Museumsgesellschaft orga-

nisierte Exkursion zum Öpfinger Stausee, für dessen Leitung

Ferdinand Hirninger aus Kirchen gewonnen werden konnte.

Trotz eisiger Witterung kam eine erkleckliche Anzahl von

Interessierten zum Stausee, der 1921 zur Stromerzeugung

angelegt worden war, sich aber inzwischen zu einem An-

ziehungspunkt für zahlreiche Wasservögel entwickelt hat.

Neben den zahlreichen Lachmöwen waren auch Hauben-

taucher, Krikenten sowie Höckerschwäne und Kormorane zu

beobachten.

Unter dem Titel „Was sie von der Konviktskirche nicht (mehr)

wissen“ bot im April Johannes Lang allen Interessierten die

Gelegenheit, diese Defizite aufzuarbeiten. Vor erfreulich zahl-

reichen Zuhörern schilderte er das Aufblühen der bereits im

14. Jahrhundert gegründeten Lateinschule unter der Leitung

der Benediktiner von Zwiefalten, der Errichtung ihres Kollegs

ab 1698 sowie der zugehörigen Kirche ab 1712. Nach dem

Übergang der habsburgischen Gebiete an Württemberg wur-

den Kirche und Kolleg säkularisiert und die Kirche als Ge-

treidespeicher genutzt, wobei ihre Einrichtung verloren ging.

Erst ab 1839 diente sie wieder ihrer eigentlichen Zweckbe-

stimmung – nun als Kirche für die Konviktoren.

Ein wichtiges Anliegen bei der Zusammenstellung des Füh-

rungsprogrammes ist es, auch die Geschichte der Teilorte

in angemessenem Umfang zu berücksichtigen. Mit der „St.

Nikolauskapelle in Tiefenhülen“ hatte sich Stadtarchivar Dr.

Ludwig Ohngemach im Juni ein Schmuckstück herausge-

sucht, das auf Veranlassung und auf Kosten der Reichsabtei

Salem 1607-1609 errichtet wurde. Auf Grund der detaillierten

klösterlichen Buchführung sind die meisten der beteiligten

Künstler und Handwerker, darunter der Bildhauer Melchior

Binder oder die Maler Martin Aichelmann von Ehingen und

Hans Denzel von Ulm, bekannt. Dies gilt auch für die anfal-

lenden Kosten, so dass man einen fundierten Eindruck vom

Baubetrieb an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert ge-

winnen konnte.

Der Umstand, dass Stadtarchivar Dr. Ludwig Ohngemach

bei seiner Führung im Juli mit „Heckenmühle, Spitalmühle

und Kästlesmühle“ nur einen Teil der Ehinger Mahlbetrie-

be vorstellen konnte, kann durchaus als Hinweis auf deren

große Zahl und damit auch auf die große historische Bedeu-

tung dieses Gewerbes für Ehingen verstanden werden. Mit

der Hecken- oder Universitätsmühle, unmittelbar vor dem

oberen Badtörlein gelegen, stand zudem die bedeutendste

Ehinger Mühle auf dem Programm.1294 erstmals urkundlich

genannt, ging sie im 15. Jahrhundert mit den anderen Be-

sitzungen der Pfarrei St. Blasius in die Hände der Universi-

tät Freiburg über. Ende des 19. Jahrhunderts, nun längst in

Privatbesitz übergegangen, erfolgte von hier aus die Elektri-

fizierung Ehingens. Die Spitalmühle blieb besonders durch

das Schicksal des einst hier tätigen Müllers Johann Lensle

in Erinnerung. Seine überstürzte Hinrichtung 1771 löste ein

lokalpolitisches Erdbeben aus. Nachdem 1791 die Mühlen-

einrichtung abgebaut worden war, ging das Gebäude 1810 in

bürgerlichen Besitz über. Der heutige „Deutsche Kaiser“ trat

in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts an die Stelle des alten

Mühlengebäudes.

Die Inhaber der Kästles- oder Talmühle hatten über viele

Jahre hinweg mit erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkei-

ten zu kämpfen. Die alte Mühle wurde 1882 abgerissen und

durch das heutige Gebäude ersetzt. Neben dem Mahlbetrieb

trug im 19. Jahrhundert auch eine nicht unbedeutende Land-

wirtschaft zum Einkommen der Besitzer bei, die zudem spä-

ter auch Strom erzeugten.

Im kommenden Jahr soll die Betrachtung der reichhaltigen

Ehinger Mühlenlandschaft fortgesetzt werden.

Im August machten sich sportliche Mitglieder der Muse-

umsgesellschaft unter der Leitung von Gerhard Steeb und

Franz Romer per Rad auf den Weg nach Laupheim. Unter-

wegs stand zunächst Öpfingen mit Besichtigung der dortigen

Pfarrkirche auf dem Programm. Über Ersingen, wo die jüngst

renovierte Franziskuskirche besichtigt wurde, erreichte man

Laupheim und besuchte zunächst den jüdischen Friedhof.

Gestärkt durch das Mittagessen ging es in das Laupheimer

Museum, bevor man über Sulmetingen wieder dem heimatli-

chen Berg und der abschließenden Einkehr zuradelte.

Gleichfalls im August bot Johannes Lang von der Museums-

gesellschaft eigens für Kinder eine „Führung durch die unte-

re Stadt“. Start war in St. Blasius, wo Kirchenmusikdirektor

Volker Linz in eindrucksvoller Weise die Orgel vorstellte. An-

schließend ging es zum ehemaligen Franziskanerkloster und

zur Liebfrauenkirche, bevor man sich nach vielem „Sehens-

und Erzählenswertem“ wieder vor dem Museum einfand.

In diesem Jahr stand der „Denkmaltag“ im September unter

dem Motto „Entdecken was uns verbindet“. Eine erfreulich

große Anzahl Interessierter machte sich mit Dr. Ludwig Ohn-

gemach auf den Weg durch die untere Stadt, nachdem man

sich am Stadtmodell im Museum einen ersten Überblick ver-

schafft hatte. Dieser älteste Teil der Stadt wurde erst im Ver-

lauf des 13. Jahrhunderts in die Stadtbefestigung einbezo-

gen und ist durch den Lauf der Schmiech mit ihren periodisch

auftretenden Hochwassern sowie durch die vorgegebenen

topographischen Gegebenheiten geprägt. An diesen wurden

die Verkehrswege mit Hauptstraße und Tuchergasse sowie

zahlreiche Querverbindungen, die normalerweise immer mit

Brücken und Stegen verbunden sind, ausgerichtet.

Eine historische Ansicht der „Heckenmühle“: