Tag der Archive: Essen und Trinken
Vom 3. März 2024 an, dem Tag der Archive, war bis zum Ende des Monats in der Spitalkapelle eine kleine Ausstellung des Stadtarchivs zu sehen, die dem Thema Essen und Trinken gewidmet war.
Gezeigt wurden Speisepläne des Ehinger Hl.-Geist-Spitals, Zeugnisse zur Ernährung in Notzeiten, Rezepte aus Kochbüchern des Barocks bis hin zu Werbematerialien längst verschwundener Ehinger Lebensmittelgeschäfte. Auch war zu erfahren, woher das Spital seinen Wein bezog.
Passend zur Jahreszeit, lagen für Interessenten Rezepte für Ostern aus den 1950er Jahren zum Mitnehmen, Nachkochen und -backen bereit.
Essen und Trinken im Ehinger Spital im 17. und 18. Jahrhundert
zur Ausstellung im Museum Ehingen vom 3. bis 31. März
von Ludwig Ohngemach
Über die Ernährung der Menschen in früherer Zeit ist ein einigermaßen zutreffender Überblick nur schwer zu gewinnen. Die Überlieferung ist eher dürftig, private Haushaltsbücher wurden selten geführt und sind gegebenenfalls nur in Ausnahmefällen erhalten geblieben. Dagegen waren Einrichtungen wie Spitäler verpflichtet, über ihre Einnahmen und Ausgaben den städtischen Magistraten Rechenschaft abzulegen. Daher gewähren die dort erstellten Jahresabrechnungen interessante Einblicke in das Alltagsleben unserer Vorfahren.
Für die „armen Dürftigen“, Hilfsbedürftige die „um Gottes Willen“ im Spital lebten, galten freilich besondere Regeln. So ist der Ehinger Spitalordnung von 1629 zu entnehmen, dass man keinesfalls falsche Anreize setzen wollte. Es sei, so heißt es dort, „kein Paradeis oder Kurzweil … in das Spital zu kommen“. Daher solle man den Bewohnern „nichts Läckerhaftes“ geben. Zwar solle kein Hunger herrschen, man solle ihnen an Nahrung weder zu wenig noch zu viel, „sondern eben recht geben“.
Sind wir heute täglich drei Mahlzeiten gewohnt, so waren früher lediglich zwei üblich. Auf dem wöchentlichen Speisezettel für die Dürftigen standen morgens ein Haferbrei, mittags eine warme Mahlzeit und zum Abend nochmals ein halber Haferbrei. Zweimal in der Woche, sonntags und donnerstags, hatten die Spitalbewohnerinnen und Spitalbewohner Anspruch auf Brühe und Fleisch.
Brot und Gemüse
Im Unterschied zu den heutigen Ernährungsgewohnheiten spielte in der frühen Neuzeit Brot – genauer Schwarzbrot – eine überragende Rolle und kam zu allen Mahlzeiten auf den Tisch. Als Brotgetreide wurde vor allem Dinkel, damals Vesen genannt, verwendet. Erst im Verlauf des 18. Jahrhunderts, als widerstandsfähigere Getreidesorten zur Verfügung standen, baute man zunehmend Weizen an.
Oft brockte man das Brot in die Suppe oder in Milch ein oder es wurde als Beilage zum Gemüse, vor allem Kraut, gegessen. Dieses konnte selbst angebaut werden. Der Spitalrechnung des Jahres 1765 ist zu entnehmen, dass damals über 20.000 Krautsetzlinge auf die Felder des Spitals kamen. Nach der Ernte im Herbst wurde es in großen Mengen eingeschnitten und mit Salz haltbar gemacht.
Eine wichtige Rolle spielten, wie bereits gezeigt, auch Breie verschiedenster Art. Dagegen wurde Reis nur zu besonderen Anlässen erworben. Die jeweiligen Mengen waren so gering, dass nur Wenige – wohlhabende Pfründner, die sich ins Spital eingekauft hatten und dort einen komfortablen Lebensabend genießen konnten – etwas davon erhielten.
Um 1750 setzte in unserem Raum der Anbau von Kartoffeln ein. Doch erst in den 1770er Jahren erwarb das Spital hin und wieder "Erdöpfel". Aufgrund seines Reichtums konnte die Spitalleitung lange Zeit auf dieses noch wenig bekannte Nahrungsmittel verzichten und seine Bewohnerinnen und Bewohner auf althergebrachte Weise ernähren.
Fleisch, Fisch und Geflügel
Der Fleischverbrauch war in nachmittelalterlicher Zeit eher bescheiden, da sehr teuer und die Konservierungsmöglichkeiten eng begrenzt. Daher kann die Anzahl der wöchentlichen Fleischtage als Hinweis für den Wert und damit den Kaufpreis einer Pfründe gelten. Die Zubereitungsarten entsprechen dem heute üblichen: Fleisch wurde gekocht, gebraten und eingemacht. Auch Wurst spielte wegen weitgehend fehlender Konservierungsmöglichkeiten – abgesehen von den wenigen Festen – keine große Rolle. Geflügel und Eier lieferte der spitaleigene Hühnerhof. Auch Käse wurde selbst hergestellt.
Selbstverständlich wirkten sich die Fastengebote der Kirche, die mit Ausnahme der Kranken von allen streng eingehalten wurden, auch auf die Speisepläne aus. Dies bedeutete aber nicht, dass es jeden Fasttag Fisch gegeben hätte, was zu kostspielig gewesen wäre. Die Dürftigen mussten sich zumeist mit Breien oder Mehlspeisen zufriedengeben. Anders die Pfründner; einige von ihnen hatten bereits in ihre Pfründverträge entsprechende Regelungen aufnehmen lassen. So standen etwa dem Fräulein von Rassler freitags und in der Fastenzeit Stockfische zu. Frische Süßwasserfische wären noch erheblich teurer gewesen.
Salz und Gewürze
Den Menschen des 20. und 21. Jahrhunderts wäre das tägliche Essen im Spital ohne Zweifel fade erschienen, denn Gewürze konnten aus Kostengründen nur sehr sparsam verwendet werden. Ein geringes Angebot und lange Transportwege sorgten für hohe Einkaufspreise. Daher kam der größte Teil der Gewürze für die Speisen der Pfründner oder aber bei Anlässen wie den sogenannten "Herrenmählern" zum Einsatz, zu denen Bürgermeister, Kanzleiverwalter und Rat gelegentlich hochgestellte und einflussreiche Gäste empfingen.
Dagegen konnte auf Salz auch bei den Speisen der armen Spitalbewohnerinnen und Spitalbewohner nicht verzichtet werden. Auch zur Konservierung von Lebensmitteln – von Kraut war bereits die Rede – wurde es in größeren Mengen benötigt.
Auf Grund seiner zentralen Bedeutung wurde in Ehingen die Versorgung mit Salz im 17. Jahrhundert durch Salzmeister, die aus den Reihen des Magistrats kamen, kontrolliert.
Zum Süßen nutzte man vor allem den einheimischen Bienenhonig. Rohrzucker, der von weit her heranangeschafft werden musste, war entsprechend teuer. Noch im 18. Jahrhundert spielte er nur eine unbedeutende Rolle. Erst der industriell hergestellte Rübenzucker sorgte ab Mitte des 19. Jahrhunderts für einen grundlegenden Wandel der Verbrauchsgewohnheiten.
Nachtisch
Als Zugabe oder als Nachtisch reichte man je nach Jahreszeit Obst. Genannt werden zum Beispiel Zwetschgen. Sehr gern wurden sie auch als "Hutzlen" haltbar gemacht. Außerdem kaufte die Spitalmeisterin nicht selten "Bieren und Öpfelschnitz",also Birnen und Apfelschnitze. 1755 leistete man sich auf Ostern sogar eine Zitrone.
Was wurde getrunken?
Wohlhabende Pfründner löschten ihren Durst mit Wein. Auch die Dürftigen konnten gelegentlich mit Weingaben aus besonderen Stiftungen rechnen. Bier wurde bei den Ehinger Gastwirten erworben. Außerdem hielt das Spital für die Armen im Spital selbst vom Georgstag (23. April) bis Jakobi (25. Juli) fünf Milchkühe.
Insgesamt gesehen erfreuten sich alle Bewohnerinnen und Bewohner einer ordentlichen Verpflegung. Selbst den armen Dürftigen ging es deutlich besser, als den entsprechenden Bevölkerungsschichten außerhalb des Spitals in der Stadt. Möglich wurde dies durch das große Einkommen an Naturalien und an Geld, über welches das Spital verfügte. Auch was die ernährungsphysiologische Zusammensetzung (Reichtum an Kohlehydraten) und die Vielseitigkeit der Verpflegung angeht, hat diese zumindest dem damals Üblichen entsprochen. Einiges spricht vielmehr dafür, dass die Spitalbewohnerinnen und Spitalbewohner eher besser als ihre Zeitgenossen ernährt waren.